Wurst Case – Exhibition
DEUTSCH / ENGLISH
Wurst Case
Das(Den)Der (g)Rummel(n) der
Klein(Geistigen) Stadt(Teile)
Vernissage
4.1.2019
Freitag, 19 Uhr
Open Table Wurst Case
11.1.2019
Freitag, 19 Uhr
Finissage
12.1.2019
Samstag, 19 Uhr
Gruppenausstellung
Malerei, Kritzeleien, Collagenes,
Textgebäck, Akkustika, Buchrelease, Kamin
Artisten:
A.A.A.#z0037-478
A.A.A #B25-77-03k
Herr U
Avanti.garde
Herr Sell
Pastor Leumund
Zur Ausstellung
Die Ausstellung Wurst Case – Das(Den)Der (g)Rummel(n) der Klein(Geistigen) Stadt(Teile) ist eine im Kollektiv durchlebte künstlerische Therapiesitzung von sechs Künstlern. Ausgangspunkt der Therapie bildete die Auseinandersetzung mit dem Thema deutscher Kleinstädte und deren sozialer Realität, in welcher die Artisten seit Jahren ihre Erfahrungen angestaut haben.
Der Wurst Case steht aber im Kontext seiner Verwirklichung und im Rahmen der Therapiesitzung für mehr als die Verdammung der Unzufriedenheit der Wurstolution (halbherziges Revolutionsbedürfnis der enttäuschten Mittelschicht). Vielmehr ist der Wurst Case selbst ein Gefäß für die Versammlung von Sackgassen und plötzlich darin erscheinenden Lichtungen. Die Kleingeistigkeit vieler Stadtakteure im klein- wie großstädtischen Umfeld, der Rummel der aufeinander zutretenden geistigen Äußerungen, die Akzeptanz des Banalen, die pedantisch bis raffinierte Schau der Verwobenheit aller Akteure in ihren branchenspezifischen Auftragskorsetten, der Protest gegen die bekannten oder diffus agierenden höheren wie niederen Mächte, all dies kulminiert in der revuehaften Schau der Werke der Künstler.
Die Arbeiten setzen den Schwerpunkt auf die unmittelbare Auswertung der gesellschaftlichen Vorgänge, widmen sich diesen im kritischen Protest oder einer rätselhaft-störenden Energie oder ergeben sich in der Anbetung der nur unzureichend verarbeiteten Tiefenpsychologie des traumatisch Erlebten mit Hingabe.
Zu den Künstlern
Herr Sell verfolgt die hyperrealistische Anhuldigung der Bockwurst-Übergabe am Imbißstand mit den Mitteln der Abreibung. Die geschraubt-geschwollene Affektiertheit und gekünstelte Konstruktion, welche er vielen Arbeiten im künstlerischen Betrieb unterstellt, stehen ihm fern. Er vertraut dem Potential des Echten und Tatsächlichen als ausreichendem Material, in welchem das Kunstwerk ohne zusätzliche Erklärung oder eine intellektualisierte Krücke auskommen sollte.
Pastor Leumund äußert unter anderem sein Unbehagen am Verschwinden und Verschwenden von Freiraum und Ressourcen im urbanen Feld mit dem liebevoll gemeinten Titel “fick dein großprojekt”. Seine Arbeit zielt auf die genussvolle Wiedererlangung der gemeinschaftlichen Verantwortung und dessen konkrete Realisierung über den agitatorisch-dadaistischen Wortapparat. Der unterbreitete Lösungsvorschlag “Aliens welcome” deutet auf die Komplexität von Protestwille und Verzweiflung, aus deren Verschmelzung sich die Kontaktsuche zur Ausserplanetarischen Opposition als letzte Hoffnung zu ergeben scheint.
A.A.A.#z0037-478 arbeitet sukzessive zwischen den Momenten des individualistisch-uniformierten Massencharakters und der Würdigung der darin enthaltenen menschlichen Charaktere. Wo die Menschlichkeit und ökonomisch-unzureichende Anpassungsfähigkeit des Einzelnen auf den Plan tritt, sieht sie darin die Chance, in diesen Wunden der Imperfektion, den Alltag des angepassten Verhaltensgebäudes zu attackieren. Ihre Anklage zielt auf das Scheitern überholter Visionen, deren Substanz ihren gefährlichen Pfad im Moment ihrer Verwirrung aufnehmen.
Avanti.garde lässt in seinen Arbeiten die Würdigung des Abgelehnten auferstehen. Seine das Gegenüber spiegelnde Haltung speist sich aus dem Bedürfnis, der Vereinnahmung durch sinnlose und entwürdigende Konformitätsgespräche durch zweierlei Strategien zu entgehen. Erstens durch die direkte Erziehung des Subjekts in der Eins-zu-Eins-Konfrontation mit seiner individuellen Praxis. Zweitens über die geometrisch-spirituell, farblich-ästhetisierte Übertreibung des Gezeigten in seiner symbolhaften und zeitgleich objekthaft-fetischisierten Warenform.
Herr U betreibt in seinen Arbeiten das kommentarbasierte und teils ketzerische Spiel der Konfrontation aus Abbildung der Realität und Subgeste des Vorgangs. Das Unterschieben einer gesehenen aber nicht explizit sichtbaren Wahrheit führt in seinen Arbeiten zum sich steigernden Dialog aus repräsentativer Rede und authentischer Wirklichkeit auf dem Boden der immer gefälschten Tatsachen. Die Entdeckungsreise folgt dabei dem anachronistischen Ansatz, mit Hilfe als überholt geltender primitiver Analyseverfahren gleichfalls dem Primitivcharakter der Dinge zuzuarbeiten.
A.A.A #B25-77-03k liefert in seinen Arbeiten die widerspruchsvolle Einheit aus beruhigter, gesellschaftlich-konkreter Inhaltsschau und deren kreischend-skuriler, aber nur selten lustiger Erscheinung. Im Feld der Boshaftigkeit und der sorgfältigen Existenz des Wirklichen findet und definiert er seine fotografischen Motive. Hier kommen in der körnig-rohen, kontrastreich-absoluten oder nüchtern-sachlichen Ablichtung die Aussageinhalte zur unterschiedlichen Geltung, da sich die emotionale Wertschätzung oder die dissonante Haltung des Fotografen zum Gegenstand nicht neutralisieren lassen.
Vernissage / Fotografien: A.A.A #B25-77-03k